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DENKMAL TODESMÄRSCHE ENNS   

Projektträger:

Mauthausenkomitee Enns

www.mkenns.at

Als am 16. April 1945 ein Marsch in Richtung Gunskirchen von Mauthausen abging, gelang dem 20jährigen David Hersch in Enns-Kristein die Flucht. Versteckt im Gebüsch des Kristeinerbaches wurde er von Barbara Friedmann gefunden und in der Dunkelheit von ihrem Mann Ignaz auf seinem Pferdewagen unter einem Waschtrog in ihre Scheune gebracht. So retteten sie Davids Leben. Die Friedmanns begaben sich mit ihrer Tat selbst in große Gefahr, denn in ihrem Wohnhaus nebenan war bereits die SS einquartiert. Nur sehr wenige bewiesen damals solchen Mut zur Menschlichkeit. Das ehrenwerte Handeln der Friedmanns blieb jedoch nach 1945 verborgen.

David Hersch, der aus Siebenbürgen stammte, lebte inzwischen in den USA. Er ist nie mehr an den Ort des Grauens zurückgekehrt. Immer wieder erzählte er seinen Kindern von diesen schrecklichen Erlebnissen, aber auch von seiner Rettung durch die Friedmanns. Als er 2001 starb, erzählte Sohn Jack die Geschichte des Vaters, doch in ihm blieb immer die Frage offen: Wie konnte mein Vater das alles überleben?

Projektkurzbeschreibung und Ziele:

Diese persönliche Geschichte des Jack Hersch ist in Enns erst im Jahr 2016 sichtbar geworden. Viele EnnserInnen, die jene Jahre gegen Ende des Krieges persönlich erlebt hatten, trugen unausgesprochene Erinnerungen an das Grauen jener Apriltage in sich, die sie oft noch mit niemandem besprochen hatten. Erinnerungen an Straßenränder voller Leichen, an den Altwarenhändler mit seinem Pferdefuhrwerk, der für den Transport der Ermordeten verantwortlich war, an Straßenzüge voller erschöpfter, hungriger Menschen, die um Wasser baten oder Gras aßen.

Diese Bilder haben eine ganze Generation bis jetzt unausgesprochen begleitet. Nun wird es Zeit, das sichtbar zu machen und zur Sprache zu bringen. Damit soll und kann eine Wiederholung von Alltagsrassismus und aufkeimendem Faschismus verhindert werden – menschenverachtende Tendenzen in unserer Gesellschaft sollen und dürfen nie wieder Platz greifen oder gar Mehrheiten finden.

 U.a. zur Sichtbarmachung der Geschichte des David Hersch wurde 2017 ein Personenkomitee mit interessierten Menschen und politisch Verantwortlichen gegründet, das organisatorisch als „Mauthausenkomitee Enns“ fungiert, das sich seither organisatorisch und inhaltlich um Erinnerungskultur in Enns annimmt. Es setzt sich aus Menschen aus unterschiedlichen Bereichen zusammen und besteht derzeit aus ca. 20 Personen, u.a. aus politischen FunktionsträgerInnen, VernetzungspartnerInnen von Schulen und Tourismus und persönlich Interessierten. Fachlich begleitet wird diese Gruppe von der Historikerin Mag. Angelika Schlackl, sowie räumlich unterstützt von der Pfarre Enns-St. Laurenz.

Maßnahmen zur Zielerreichung: 

Das Denkmal soll am historisch zentralen Platz der Fluchtrouten zum Ende des zweiten Weltkrieges entstehen. Der konkrete Ort liegt an der Kreuzung Steyrerstraße/L568 (ehem. B1), wobei das Grundstück 1703/1 KG Enns öffentliches Gut ist und von der Stadtgemeinde Enns dafür zur Verfügung gestellt wird.

 Die Ausführung ist in folgender Form geplant:

Auf einem Betonfundament Breite 2 Meter, Länge 2,5 Meter, Dicke 0,25 m wird eine 10 cm dicke, 1,2 Meter breite und 2,30 Meter hohe massive Granitplatte in das Fundament (0,25 cm tief) eingegossen. Das Fundament ist mit Randsteinen eingefasst und einer 6 cm dicken Schicht aus Kieselsteinen abgedeckt.

An der Straßenseite Richtung Süden hat die Platte eine Einstrahlung (8 cm) mit der Schrift: „Denke an die Folgen von Faschismus und Nationalismus“. Unmittelbar darunter befindet sich ein Relief aus Zinkguss in der Größe 80x40 cm. Es symbolisiert das Verbrechen an einer Gruppe von zerbrechlichen Menschen die mit dem Machtsymbol: „Absatz eines SS-Stiefel“ getreten werden (künstlerische Ausführung durch Karl Riedl).

Die Gehsteigseite (zur B1) ist mit einer Chromnickeltafel in der Größe von 90x60cm versehen. Der gelaserte 3cm hohe Text bezieht sich auf die historische Überlieferung der Todesmärsche in den Apriltagen 1945.

Der dort angebrachte Text lautet wie folgt:

 An dieser Kreuzung waren im Frühjahr 1945 nie zu
leugnende Gräueltaten zu beobachten.

Zehntausende Zwangsarbeiter*innen, Menschen
vorwiegend jüdischer Abstammung wurden nach dem Bau
des Südostwalls in mörderischer Absicht nach Mauthausen
„evakuiert“. Etwa 17.000 kamen im KZ an. Viele verloren
ihr Leben im Enns- und Steyrtal.

Ab April 1945 wurden vom KZ Mauthausen/Gusen an die
22.000 jüdische Männer, Frauen und Kinder in das
Vernichtungslager Gunskirchen getrieben. Sie mussten auf
sogenannten Todesmärschen 55 km in drei Tagen zurücklegen
und kamen aus vielen Ländern Europas.

Unzählige blieben entkräftet an den Wegrändern liegen.
Viele wurden von Waffen-SS und örtlichen Wachleuten
misshandelt, erschlagen oder erschossen.

 An selbiger Seite (und 0,8 m von der massiven Granitplatte entfernt) sind schrägstehende, als Symbol der stürzenden Menschen, granitene Stelen (100x30x30 cm, sägerauh, mit geschliffenen Schriftrand 6 cm) gruppiert, die auf die Anzahl der Ermordeten in den einzelnen Gemeinden hinweisen. Eine Gruppe bezieht sich auf jene Toten, die auf dem Weg durch das Enns- und Steyrtal dokumentiert wurden, die andere Gruppe skizziert die Toten auf dem Weg nach Gunskirchen. In einer optisch abweichenden Form (rund, Metall) soll aber auch die Überlebensgeschichte von David Hersch dargestellt werden, der in Enns von der Familie Friedmann aus dem Todesmarsch gerettet und versteckt wurde.